Wettbewerbsrecht: Bundesrat will DSGVO-Abmahnungen generell untersagen

Die Länderkammer ist gegen das Übererfüllen von EU-Mindeststandards bei der DSGVO. Ein Verfolgen von Verstößen bei Wettbewerbern soll nicht mehr möglich sein.

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(Bild: peterschreiber.media/Shutterstock.com)

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Der Bundesrat hat in seiner Plenarsitzung am Freitag auf Initiative Bayerns einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, um unnötige Belastungen für Unternehmen durch eine über das Ziel hinausschießende Umsetzung ("Gold-Plating") der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) zu vermeiden. Laut der Initiative sollen Firmen nicht mehr nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) gegen Konkurrenten vorgehen können, weil diese möglicherweise gegen datenschutzrechtliche Vorschriften wie die DSGVO verstoßen haben. Das bedeutet, dass Datenschutzverletzungen generell von einer Abmahnung und Verfolgung nach dem UWG ausgeschlossen wären.

Mit dem Vorstoß will die Länderkammer für Klarheit sorgen: Zwar kann ein Unternehmen grundsätzlich rechtliche Schritte gegen einen Konkurrenten nach dem UWG einlegen, wenn es ihm einen Rechtsbruch vorwirft. Denn ein solcher könnte immer zu einem Wettbewerbsvorteil führen. Ob in einem Verfahren nach dem UWG auch ein Datenschutzverstoß gerügt werden kann, ist momentan aber umstritten. Der Bundesgerichtshof hat die Frage noch nicht entschieden, sondern dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt. Der Gesetzentwurf der Länder sieht eine Änderung im UWG vor, die für Datenschutzverletzungen ausdrücklich eine Mitbewerberklage nicht mehr zulässt.

Einen Anpassungsbedarf sieht der Bundesrat vor allem aus drei Gründen: Die Durchsetzung des Datenschutzrechtes über das UWG ist ihm zufolge gar nicht erforderlich, da die DSGVO selbst genügend effektive Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verfügung stelle. Die Grundverordnung und ähnliche Vorschriften dienten auch nicht der Sicherung des Wettbewerbs, sondern dem Schutz der informellen Selbstbestimmung. Gerade bei Datenschutzfragen sei zudem die Gefahr der missbräuchlichen Rechtsverfolgung durch Konkurrenten besonders hoch.

Im Gegensatz zu Behörden und Verbraucherverbänden sind Mitbewerber nicht dem Allgemein- oder Verbraucherinteresse verpflichtet, erläutert die Länderkammer. Sie könnten Unterlassungsansprüche so strategisch einsetzen. In der Praxis habe sich das besondere Missbrauchspotenzial von Datenschutzverstößen zuletzt deutlich bei der Abmahnwelle im Zusammenhang mit der Einbindung von Google Fonts auf Webseiten gezeigt. In diesen Fällen seien "vermeintliche Datenschutzverstöße von Unternehmen durch die automatisierte Weiterleitung von IP-Adressen gezielt mittels Webcrawler aufgespürt und massenhaft kostenpflichtig abgemahnt" worden. Ein kleiner Formfehler auf der Homepage einer Firma, hatte Bayern zuvor vorgebracht, reiche oft für einen Verstoß gegen die DSGVO aus.

Der Bundestag beschloss bereits 2020 ein Gesetz gegen Abmahnmissbrauch im Rahmen der DSGVO. Verstöße gegen gesetzliche Kennzeichnungs- und Informationspflichten im Internet etwa durch Online-Händler können damit zwar noch abgemahnt werden. Für Mitbewerber besteht aber kein Anspruch auf Kostenerstattung mehr. Dies gilt auch bei Datenschutzverstößen von Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern. Dem Bundesrat gehen diese Ausnahmen nicht weit genug: Es verbleibe die Gefahr, dass die herrschende Rechtsunsicherheit ausgenutzt werde, um gegenüber Wettbewerbern "zur Förderung eigener geschäftlicher Interessen missbräuchliche Abmahnungen auszusprechen oder gerichtliche Verfahren zu führen".

Die Länderkammer leitet den Gesetzentwurf nun an die Bundesregierung weiter, die eine Stellungnahme dazu abgeben kann. Anschließend geht die Vorlage an den Bundestag, der dann darüber entscheidet.

(nie)