Solarpaket I: Neue Regeln für Balkonkraftwerke und Stromspeicher ​

Die Bundesregierung will Erneuerbare Energien unbürokratischer und beliebter machen, der Bundestag hat zugestimmt. Doch der Teufel steckt weiter im Detail.​

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Eine Hand hält ein Photovoltaik-Modul

(Bild: eva_blanco / Shutterstock.com)

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Lesezeit: 11 Min.
Von
  • Falk Steiner
Inhaltsverzeichnis

Am Freitag hat das Solarpaket I nach monatelangen Verzögerungen im Schnellverfahren Bundestag und Bundesrat passiert. Damit soll der Ausbau der Solarenergie noch einmal deutlich beschleunigt und attraktiver werden – auch für Mieter und Balkonkraftwerksbetreiber. Doch letztere müssen auch nach der Verabschiedung aufpassen. Das Gesetz wurde im Bundestag mit Stimmen der Ampelfraktionen SPD, Grüne und FDP angenommen, CDU/CSU und Linke enthielten sich überwiegend, AfD und die Gruppe BSW stimmten geschlossen dagegen. Details zur namentlichen Abstimmung liefert die Website des Bundestags. Im Anschluss hat auch der Bundesrat grünes Licht gegeben.

Der Solarpakt I hat den Bundestag passiert. Bei der namentlichen Abstimmung waren die Fraktionen SPD, Grüne und FDP dafür.

Nachdem die Koalition aus SPD, Grünen und FDP sich seit Dezember noch um einzelne Passagen des Solarpaket-I-Gesetzesbündels stritten, meldeten sie vor gut einer Woche endlich Vollzug. Zu den großen Änderungen an der Kabinettsfassung zählt dabei etwa, dass mit dem Solarpaket I keine Förderung für Photovoltaik-Hersteller verknüpft sein wird. Hier hat sich die FDP durchgesetzt, genau wie bei der Frage, wer dulden muss, dass Leitungen für Erneuerbaren-Anlagen über seine Grundstücke verlegt werden. War mit der Kabinettsfassung noch geplant, dass das für alle Eigentümer gilt, um notwendige Maßnahmen für die Energieinfrastruktur zu erleichtern, ist das nun auf Liegenschaften der öffentlichen Hand beschränkt und auch dort nicht alle: Die Bundeswehr soll ausdrücklich ausgenommen werden. Die FDP führte, ebenso wie CDU und CSU, verfassungsrechtliche Bedenken bei dem geplanten, weitgehenden Eingriff in die privaten Eigentumsrechte als Argument an.

Viele Anbieter von Wechselrichtern haben in den vergangenen Jahren bereits die Möglichkeit vorgesehen, per Software von der bisher in Deutschland erlaubten Steckdosen-Einspeise-Obergrenze auf die international gängigen 800 Voltampere (VA) umzuschalten. VA sind regulatorisch das relevante Maß der Dinge. Denn für die Gesetzgebung und aus Blick der Betriebssicherheit geht es darum, welche Strommenge mit welcher Stärke ins Netz eingespeist wird.

Für die meisten Steckersolaranlagen entfällt mit dem Solarpaket nun eine Beschränkung auf 600 Voltampere, die bislang rechtlich die Grenze sind. Mit Regierungsentwurf und Einigung der Koalition wird stattdessen eine eigene Geräteklasse eingeführt, die für das Erneuerbare-Energien-Gesetz eine Grenze auf maximal 800 Voltampere bei höchstens 2 Kilowatt installierter Leistung kennt. Allerdings reicht hier der Wille des Gesetzgebers allein nicht aus, um endgültig Klarheit für die Nutzer zu bringen. Verlässlichkeit soll hier vor allem eine neue Norm schaffen. Die Änderungen am Erneuerbare-Energien-Gesetz sind vielmehr eine zusätzliche Klassifizierung, die vor allem bürokratische Pflichten verringern soll.

Für Betreiber einer Steckersolaranlage wird dadurch manches künftig einfacher. Bereits zu Anfang April hatte die Bundesnetzagentur eine Vereinfachung der Anmeldeprozedur vorgenommen, mit dem Solarpaket I wird das nun noch einmal entschlackt – ab dessen Inkrafttreten müssen Balkonkraftwerke qua Gesetz nicht mehr beim Netzbetreiber, sondern nur noch im Marktstammdatenregister bei der Aufsichtsbehörde angemeldet werden. Bei einer Volleinspeisung als EEG-Anlage ins allgemeine Stromnetz ändert sich hingegen nichts, inklusive aller damit zusammenhängenden Pflichten.

Laut einem Sprecher der Bundesnetzagentur gilt allerdings "grundsätzlich die Rechtslage, die zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme gegolten hat." Das heißt: Wer sein Kleinkraftwerk schon eingesteckt hat, muss rein rechtlich auch hier die alten Regeln befolgen – wer Anschaffung und Anschluss derzeit noch überlegt, sollte auf das formelle Inkrafttreten warten, das bereits in wenigen Tagen kommen soll. Denn auch der Bundesrat wird wohl schon am Freitag unmittelbar im Anschluss an die Verabschiedung im Bundestag das Solarpaket I durchwinken, anschließend muss der Bundespräsident es noch offiziell ausfertigen – nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt treten die Änderungen dann in Kraft.

Für die rechtlich unbedenkliche Stromeinspeisung für den eigenen Verbrauch aus Kleinsolaranlagen mit mehr als 600 Voltampere fehlt aber auch nach dem Solarpaket weiterhin eine wichtige technische Norm: Seit Monaten beraten Experten darüber, welche technischen Vorgaben Steckersolaranlagen für einen sicheren Betrieb auch bei größerer Einspeiseleistung erfüllen müssen. Bislang müssen Hersteller individuelle Nachweise darüber führen, dass ihre Bauteile sicher sind – und werden verschiedene zu einer Anlage kombiniert, müsste im Prinzip ein Elektriker die Steckersolaranlage abnehmen. Ansonsten können Betreiber Sicherheits- und Haftungsrisiken ausgesetzt sein.

Das zuständige Gremium bei der Deutschen Kommission Elektrotechnik (DKE) hatte im vergangenen Jahr einen ersten Vorschlag für eine Produktnorm vorgelegt, daraufhin waren viele Einwände vorgebracht worden. Mit der Norm würde die Vermutungsregel umgekehrt: Eine Steckersolaranlage würde dann grundsätzlich als sicher gelten, wenn sie der Norm entspricht. Nun soll am 3. Mai ein zweiter Entwurf veröffentlicht werden, der dann ebenfalls kommentiert werden kann. Darin sollen wesentliche Fragen adressiert sein, etwa, ob ein Schutzkontaktstecker ausreichend sicher sein ist oder ein Wieland-Stecker Pflicht sein sollte.

Zwei Monate dauert dieses Verfahren dann nochmal, bevor die Norm verabschiedet und Hersteller sich auf diese berufen könnten. Für Verbraucher würde das vor allem bei Komplettpaketen einfache Klarheit bringen. In der Realität dürfte diese Anhebung der Grenze allerdings nur bei sehr guten Bedingungen den tatsächlichen Ertrag wesentlich erhöhen helfen - dafür ist der Aufwand für die Umstellung bei vielen Anbietern aber eben auch gering. In der Realität spielt das allerdings wohl kaum eine Rolle: am Markt haben sich die 800 VA längst durchgesetzt. Zwar warnt die Bundesnetzagentur ausdrücklich, dass "bei Anlagen mit Umschaltmöglichkeit zwischen verschiedenen Leistungswerten stets die höchste schaltbare Leistung relevant" sei. Wessen Anlage mehr einspeisen könnte, fiele damit auch aus den neuen Steckersolarregeln des EEG.